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DAS passiert in Kriftel

Abwasserverband plant Hochwasserschutz

Acht Hochwasserrückhaltebecken geplant, davon vier am Schwarzbach

Für den Vorstand des Abwasserverbandes Main-Taunus, zu dem die Bürgermeister oder Ersten Stadträte der 13 Mitgliedskommunen gehören, ist der Hochwasserschutz in den Einzugsgebieten des Schwarzbaches, des Sulzbaches und des Liederbaches ein Thema von hoher Wichtigkeit. Vor allem wegen der Auswirkungen des Klimawandels und den immer häufiger werdenden Starkregen- und Hochwasserereignissen der letzten Jahre. „Hier müssen die einzelnen Städte und Gemeinden zusammenarbeiten. Anders lässt sich ein sinnvolles Maßnahmenpaket nicht schnüren“, so Seitz. Der Vorstand hatte umfangreiche Untersuchungen beauftragt. Am Dienstag wurden der Verbandsversammlung jetzt die Ergebnisse und geplante Investitionen vorgestellt.

Verbandsvorsteher Christian Seitz, Bürgermeister der Gemeinde Kriftel, berichtete: „Bereits im Jahr 2003 haben sich die Städte und Gemeinden des Abwasserverbandes Gedanken gemacht, wie man sich gemeinsam besser gegen Hochwasserereignisse schützen kann. Damals hat man die Satzung des Verbandes geändert und den vorbeugenden Hochwasserschutz zur Verbandsaufgabe erklärt. Bereits 2015 konnte dann ein umfassendes Konzept für ein so genanntes Jahrhunderthochwasser (HQ100) vorgestellt, aber leider aus vielen Gründen in dieser Form nicht umgesetzt werden.“

Bei jeder einzelnen Maßnahme habe es Probleme, zum Beispiel aufgrund von Naturschutzbestimmungen, Bürgerinitiativen oder Grundstückeigentümern gegeben. „Wir befinden uns in einem dichtbesiedelten Gebiet, wo Grundstücke rar und teuer sind“, ergänzte der technische Geschäftsführer Frank Goebel. Das neue Konzept sei nun so konzipiert worden, dass nicht das Ziel HQ100 im Vordergrund stand, sondern die Umsetzbarkeit der einzelnen Maßnahmen, so Seitz.

Acht Rückhaltebecken

Um die Unterlagen erneut zu sichten und auf Umsetzbarkeit zu prüfen, wurde vor drei Jahren das Fachbüro Fugro Germany Land GmbH/Dresden eingeschaltet. Planerin Theresa Strohbach stellte nun der Verbandsversammlung und im Anschluss auch der Presse die Ergebnisse vor: Für sinnvoll halten die Fachleute acht Standorte im Verbandsgebiet für die Anlage von Hochwasserrückhaltebecken: im Einzugsgebiet des Schwarzbaches vier Standorte und in den Einzugsgebieten des Sulzbaches und des Liederbaches je zwei Standorte. Dabei war zum einen die ursprünglich auf ein Jahrhunderthochwasser (HQ100) ausgelegte, enorme Größe der Rückhaltebecken verringert worden. Sie könnten dann einem Hochwasser, dass laut Statistik alle 20 Jahre vorkommt (HQ20), standhalten und vor Überschwemmungen schützen. Im Bereich des Sulzbaches kann der Schutz für ein 100-jährliches Ereignis ausgebaut werden. Zum anderen wurde eine „Nutzen-Kosten-Rechnung“ aufgemacht. Es habe sich gezeigt, dass zum Teil nur eine Umsetzung mehrerer Maßnahmen Sinn mache.

In einem ersten Ausbauschritt sollen nun vier Becken realisiert werden: zwei am Schwarzbach und je ein Becken am Sulzbach und am Liederbach. Die Größe der Becken liegt zwischen 9.800 und 220.000 Kubikmetern Rückhaltevolumen. Seitz: „Der Kostenaufwand wird insgesamt etwa bei 23 Millionen Euro liegen. Für den ersten Ausbauabschnitt sind Kosten von 12 Millionen Euro geschätzt.“

Durch eine eigens eingeführte Umlage sei Geld angespart worden. Außerdem sollen Förderanträge beim Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gestellt werden, eine Förderquote von mindestens 40 Prozent werde erwartet, so der Verbandsvorsteher. Im weiteren Vorgehen werden dann Ingenieurbüros gesucht, die genehmigungsreife Entwürfe erstellen und die notwendigen naturschutzrechtlichen Untersuchungen durchführen. Hierzu müssen Flora und Fauna in allen vier Vegetationszyklen untersucht werden, so dass frühestens Ende 2023 entsprechende Ergebnisse vorliegen werden. Außerdem müssen die notwendigen Grundstücke zur Verfügung stehen. Dann können Ausführungsplanungen erstellt und im Anschluss die Ausschreibungen für die Bauwerke erfolgen. Doch hier sei man diesmal aufgrund der umfassenden Prüfung der Planer optimistisch, so Seitz.

Mit dem Beginn von Bautätigkeiten sei frühestens Mitte 2024 zu rechnen, die Fertigstellung könne etwa 12 Monate dauern, so Seitz weiter. Zeitgleich könnten dann weitere Rückhaltemaßnahmen angestoßen und zur Genehmigungsplanung gebracht werden.

Schutz vor Hochwasser, aber nicht vor Starkregen

In den vergangenen Jahren hätten natürlich viele einzelne Maßnahmen der Kommunen und des Verbandes bereits Erfolge gezeigt, unter anderem auch Renaturierungen stattgefunden. „Hier waren die einzelnen Kommunen nicht untätig“, so Seitz. Der Abwasserverband koordiniere die Einzelmaßnahmen, sei ansonsten aber für die überörtlich wirksamen zentralen und dezentralen Maßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz zuständig.

Auch wenn das Hochwasserschutzkonzept die Schäden bei entsprechenden Ereignissen reduzieren wird, sind sich die Vorstandsmitglieder in einem anderen wichtigen Punkt einig: Der Hochwasserschutz schützt die Umgebung vor Hochwasser, aber nicht vor Starkregenereignissen im Allgemeinen. Diese treten unkontrolliert auf und führen an nicht vorhersehbaren Stellen zu Überschwemmungen.

Entsprechende Risikomanagementpläne und Fließpfadkarten wurden im Auftrag des Landes Hessen erstellt und stehen im Internet zur Verfügung. Verbandsvorsteher Seitz: „Neben dem Schutz durch Maßnahmen von Kommunen ist auch immer ein Eigenschutz vor den Gefahren von Hochwasser oder Starkregen notwendig. Eine vollständige Sicherheit vor solchen extremen Wetterereignissen wird es aber auch nach Abschluss der Maßnahmen nicht geben können.“

Foto: Am Schwarzbach (v. li.): Frank Goebel, technischer Geschäftsführer des Abwasserverbandes Main-Taunus, Heike Spitzbart, stellvertretende kaufmännische Geschäftsführerin und Verbandsvorsteher Christian Seitz.