Zeitung auf Schreibtisch - Aktuelles

Immer informiert

DAS passiert in Kriftel

Gemeindearchivar sucht Nachfolge

Gemeindearchivar möchte sein Amt in jüngere Hände abgeben

Wilfried Krementz (78) ist im Juni 2022 seit 30 Jahren ehrenamtlicher Gemeindearchivar. Der damalige Bürgermeister Hans-Werner Börs hatte ihn damals überredet, "übergangsweise" die Leitung des Heimatmuseums zu übernehmen. Aus dem Übergang wurde eine dauerhafte Tätigkeit. „Seitdem nimmt er ehrenamtlich und in vorbildlicher Weise die mit der Aufarbeitung und Dokumentation der Historie von Kriftel verbundene Arbeit wahr. Diese intensive Betreuung verlangt seit Jahrzehnten großen persönlichen und zeitlichen Aufwand. Damit hat er die Bedeutung der Heimatkundlichen Sammlung in der Schulstraße stetig gesteigert“, lobt Bürgermeister Christian Seitz, der den Jahresbericht 2021 des Gemeindearchivars jetzt in den Ausschusssitzungen vorlegte. Er nutzte die Gelegenheit, sich wieder herzlich für das außergewöhnliche Engagement des Gemeindearchivars zu bedanken.

Krementz kündigt in seinem Jahresbericht an, dass er das Museum in diesem Jahr gerne in „jüngere Hände“ geben würde. „Mitte Januar haben wir daher ein persönliches Gespräch geführt“, so Seitz. „Wir wollten gemeinsam eruieren, wie man eine solche Übergabe gestalten kann.“ Die Gemeinde wird nun, auch in Presseberichten und auf Social Media, nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger suchen. Krementz habe sich bereit erklärt, das Museum aber weiterzuführen, bis Die-/derjenige gefunden ist.

Beratung der Bürger/innen zu historischen Themen

Der Jahresbericht 2021 stellt Krementz‘ vielfältige und umfangreiche Tätigkeiten dar: Er schreibt nicht nur Artikel über die Geschichte der Obstbaugemeinde, unter anderem für jedes Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises, er gibt Interviews oder berät die Gemeinde sowie Bürgerinnen und Bürger zu historischen Themen und Fragen. Er nimmt auch für Kriftel bedeutende Exponate in den Bestand der heimatgeschichtlichen Sammlung auf und kümmert sich um die Außendarstellung des Museums. Mehrfach im Jahr bestückt er gemeinsam mit seiner Frau die Vitrine im Foyer des Rat- und Bürgerhauses neu mit Ausstellungsstücken zu jahreszeitlich passenden Themen und liefert kurze, interessante Infotexte dazu.

2021 war das Museum coronabedingt von März bis August geschlossen, seitdem ist es wieder geöffnet. Trotzdem haben nur wenige Leute das Museum besucht, schreibt Krementz in seinem Bericht, und meist waren es Auswärtige. Wegen Corona hatten sich auch keine Schulklassen oder andere Gruppen für eine persönliche Führung angemeldet. Trotzdem erhielt das Museum wieder Spenden, die den Fundus des Museums bereichern. Ein Zeilsheimer übergab dem Museum drei Wanderstöcke, verziert mit vielen Bildern von Orten, Schlössern und Burgen, außerdem einen Reservistenstock aus dem Jahr 1960 mit Hupe. Abgegeben wurden auch Schnürschuhe aus dem Jahr 1920. Außerdem wurde die Sammlung durch zahlreiche Bücher, Schriften und Fotos bereichert.

Kriegsende in Kriftel

Für das MTK-Jahrbuch 2022 hat Wilfried Krementz einen neunseitigen, bebilderten Beitrag mit dem Titel „Wie die Krifteler das Kriegsende 1945 und die amerikanische Besetzung erlebten“ geschrieben. Zu Beginn des Textes zitiert er den Beigeordneten Georg Klomann, der im Jahr 1945 notierte: „Zusammenbruch, schreckliche Zeiten, Verarmung, Nahrungsmangel, Raub und Plünderung durch ausländische Gefangene und Fremdarbeiter sind tägliche Erscheinungen. Schweine, Hühner, Wäsche und Fahrräder werden gestohlen. Leuten wurden schon auf offener Straße Kleider weggenommen und anders mehr.“ Diebe traten vielfach bandenweise auf und waren zum Teil bewaffnet. „Die einzigen Gesetzeshüter, die es nach dem Kriege in Kriftel gab, waren zwei Feldhüter“, schreibt Krementz. Deren Bewaffnung sei beantragt, aber abgelegt worden. Dabei habe Kriftel noch Glück gehabt: Es sei trotz einiger abgeworfener Brandbomben von größeren Schäden verschont geblieben.

Krementz beschreibt die damalige Lage anhand vieler Quellen. Zum Beispiel zitiert er den Schullehrer Adam Schlemmer, der von der dauernden Unterbrechung des Schulunterrichts durch Sirenengeheul und die regelmäßige Flucht in Luftschutzkeller berichtete. Außerdem behandelt der Gemeindearchivar in seinem Beitrag die ersten Maßnahmen der Besatzer und das Thema Entnazifizierung. So waren 200 Krifteler mit vollständiger Adresse im Main-Taunus-Anzeiger aufgelistet, gegen die ein Verfahren aufgrund des „Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ durchgeführt wurde.

Versorgungsengpässe, die Neubesetzung des Bürgermeisteramtes („der seit 1930 amtierende Bürgermeister Peter Hemmerle wurde wegen seiner Parteimitgliedschaft in der NSDAP seines Amtes enthoben“), Flüchtlinge, Wohnungsnot und Mangelverwaltung sind weitere Themen des Artikels. Kriftels Bürgermeister Georg Ludwig Jost schrieb 1948: „Die beiden Jahre der ersten demokratischen Amtsperiode sind zu Ende. Ein winziger Abschnitt in der über tausendjährigen Geschichte Kriftels. Aber es waren Jahre eines mühseligen Neubeginnens. Es ging in diesen um die Erhaltung unserer nackten Existenz. (…) Nun, wir leben noch oder auch: wir leben wieder. Dass es ein Leben in Freiheit und ohne Mangel sei, ist das Ziel unserer Arbeit und unseres Hoffens.“

Wer Interesse an der Aufgabe des Gemeindearchivars hat, kann sich mit dem Leiter des Fachbereichs Kultur, Pasquale Fiore, in Verbindung setzen, entweder telefonisch unter (0 61 92) 40 04-45 oder per E-Mail an Pasquale.Fiore.@kriftel.de.