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DAS passiert in Kriftel

Straßenbäume müssen klimafest sein

Erfahrungsbericht „Straßenbäume in Kriftel“ vorgelegt – Fördergelder beantragt

Bäume sind wertvoll für das Ökosystem. Sie verbessern die städtische Luftqualität, indem sie Kohlenstoffdioxid binden, Sauerstoff produzieren und Feinstaub rausfiltern. Sie regulieren den Wasserhaushalt, indem sie Regenwasser aufnehmen und verlangsamen, wodurch die Kanalisation entlastet wird und Überschwemmungen weniger stark ausfallen. Zudem tragen sie zur Biodiversität bei, denn sie bieten Lebensraum und Nahrung für verschiedene Tierarten. Sie fördern das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen. Außerdem erzeugen sie dank Verschattung und Transpiration ein kühlendes Mikroklima, wodurch es gerade in den Sommermonaten zu einer messbaren Abkühlung der Umgebung kommt.

Wie ist es um die Wirkung der Straßenbäume in Kriftel bestellt? Die Gemeindevertretung hatte auf Antrag der CDU-Fraktion beschlossen, einen exemplarischen Erfahrungsbericht zu den Straßenbäumen in Kriftel zu erstellen. Untersucht werden sollte die Bedeutung von „Straßenbegleitgrün“ auf das Mikroklima im Gemeindegebiet. Dabei sollen am Beispiel der Rossertstraße (Frankfurter Straße bis zur Richard-Wagner-Straße) sowie im Baugebiet „Im Engler“ die bisherigen Erfahrungen mit Straßenbäumen in Kriftel ausgewertet werden. Der Erste Beigeordnete Martin Mohr legte jetzt im Planungsausschuss einen ausführlichen Erfahrungsbericht vor.

„Artspezifische Eigenheiten der Bäume, wie beispielsweise Blatt- und Kronencharakteristika, wirken sich auf das Ausmaß ihrer Kühlleistung aus. So wurde zum Beispiel nachgewiesen, dass die Englische Ulme, die Ahornblättrige Platane und auch Linden aufgrund der höheren Kronendichte einen größeren Einfluss auf das Mikroklima haben – speziell in Hinblick auf Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Solarstrahlung, Strahlungstemperatur und Windgeschwindigkeit – als beispielsweise die Gewöhnliche Robinie“, heißt es im Bericht.

Wurzeln der Platanen schaden Kanalsystem

Neben den positiven Aspekten gebe es allerdings auch Probleme mit diversen Baumstandorten, dazu gehören auch die 55 Ahornblättrigen Platanen, die in den 80er Jahren in der Rossertstraße und im Baugebiet „Im Engler“ angepflanzt worden sind, wird im Bericht ausgeführt: „Da es sich bei Platanen um hohe, großkronige Bäume mit umfassendem Wurzelwerk handelt, sind sie nach heutigen Erkenntnissen nicht uneingeschränkt für innerstädtische Bereiche geeignet. Die Folge sind Schäden an Gehwegen und Straßen sowie am Kanalsystem und an Versorgungsleitungen.“

An mehreren Stellen heben die Wurzeln den Gehweg an, wodurch Stolperfallen entstehen und die Barrierefreiheit eingeschränkt wird. Das Entfernen der Wurzeln ist nicht möglich, da dies die Standfestigkeit der Bäume gefährdet. Hinzu kommt, dass die oberflächennahen Wurzeln einer starken Trittbelastung ausgesetzt sind, was zu verstärktem Wachstum bei den Wurzeln führt. Zudem verursachen die Wurzeln Schäden an Versorgungsleitungen, insbesondere Leitungen für Abwasser und Regenwasser waren in der Vergangenheit betroffen. In solchen Fällen müssen die Wurzeln aufwendig entfernt werden, wird im Bericht dargelegt.

Oft Moderfäule an Platanen

Platanen werden zudem häufig von der Massaria-Krankheit befallen, die durch den Pilz Splanchnonema platani hervorgerufen wird. Dieser Pilz verursacht Moderfäule, die vor allem an den Astoberseiten auftritt. Dadurch kann es im weiteren Verlauf zu Sprödbrüchen kommen, was die Verkehrssicherheit gefährden kann. „Bisher sind die Platanen nicht befallen, allerdings weisen sie ein hohes Risiko für einen potenziellen Massaria-Befall in der Zukunft auf“, betont der Erste Beigeordnete Martin Mohr. Der Pilz gehöre zu den invasiven Arten, der sich im Zuge der Klimaerwärmung auch in Deutschland ausgebreitet hat und mittlerweile deutschlandweit auftritt. Bisher kann der Pilz weder biologisch noch chemisch bekämpft werden.

Und es gibt noch mehr Probleme: Da die Kronen der Platanen zu groß für die Standorte sind, muss alle zwei bis drei Jahre ein Pflegeschnitt durchgeführt werden. Die Kosten pro Pflegeschnitt belaufen sich auf etwa 30.000 Euro. Die großen Laubmengen, die im Herbst anfallen, führen regelmäßig zum Unmut einiger Bürgerinnen und Bürger. Deshalb werden jedes Jahr im Herbst Container „Im Engler“ aufgestellt, in denen die Bürgerinnen und Bürger die Blätter der Platanen entsorgen können.

Fördergelder für Neugestaltung beantragt

Fazit: Der Gemeindevorstand beabsichtigt aufgrund der beschriebenen Problematik die Baumstandorte in der Rossertstraße und „Im Engler“ zu verbessern und neuzugestalten. Er hat dazu einen Förderantrag im Programm „444 – Natürlicher Klimaschutz in Kommunen“ bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt. Vorbehaltlich dessen Bewilligung bekommt die Gemeinde 80 Prozent der förderfähigen Kosten erstattet. In Zusammenarbeit mit einem Fachbüro sollen alle Baumstandorte geprüft und ein Konzept für die Neugestaltung der Baumstandorte entwickelt werden. Hierbei sollen sowohl ökologische Aspekte, wie Klima- und Artenschutz, als auch pragmatische Aspekte, wie Schutz der leitungsgebundenen Infrastruktur, berücksichtigt werden.

Der Gemeindevorstand prüft bei grundhaften Erneuerungen von Straßen grundsätzlich die Möglichkeit zur Schaffung neuer Baumstandorte. Bei der Auswahl von neuen Baumarten und der Gestaltung von Baumstandorten fließen die Erfahrungen mit den Platanen in der Rossertstraße und „Im Engler“ mit ein. „So ist es beispielsweise wichtig, dass neue Bäume klimaresilient sind“, erläutert der Erste Beigeordnete. „Sie müssen in der Lage sein, den prognostizierten Klimabedingungen unserer Städte, wie extremen Hitzewellen, langanhaltender Trockenheit oder Spätfrost zu trotzen. Zudem sind solche klimaresilienten Baumarten weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten.“ Wichtig zu beachten seien auch Faktoren wie Salztoleranz (Stichwort Streusalz), Größe des Standortes und Biodiversität (Kombination mit insektenfreundlichen Sträuchern).

Gute Beispiele

Einige Beispiele für die Schaffung von neuem Straßenbegleitgrün in den letzten Jahren gibt es bereits in Kriftel: Beispielsweise wurde im Kreuzungsbereich der Staufenstraße/Richard-Wagner-Straße ein Grünbeet angepflanzt. Die Pflanzung von Bäumen konnte an dieser Stelle nicht umgesetzt werden, da der Kreuzungsbereich für die Verkehrsteilnehmer einsehbar bleiben muss. Auch in der Bahnhofstraße wurden im Zusammenhang mit der Bebauung des ehemaligen ROWG-Geländes Bäume als Abgrenzung zwischen den Parkplätzen gepflanzt. Im Bebauungsplan „Im Krifteler Wäldchen“ wurde die Schaffung von neuen Baumstandorten ebenfalls eingeplant. „Es ist Ziel des Gemeindevorstands, langfristig mehr Straßenbegleitgrün zu schaffen“, so der Abschluss des Erfahrungsberichts.