Zeitung auf Schreibtisch - Aktuelles

Immer informiert

DAS passiert in Kriftel

Theater macht nachdenklich

Weingartenschule Kriftel: Neuland entdecken mit Liora Hilbs Theater zum Wilkommen

Gespannte Neugierde macht sich bei den Fünftklässlern breit, die sich ruhig und diszipliniert in der Aula der Weingartenschule (WGS) auf ihre Plätze gesetzt haben. Diese Haltung ist der Bedeutung des Stückes auch angemessen. Denn es geht darin, wie Deutschlehrerin Kathrin Hein betont, die das Frankfurter Theater La Senty Menti an die Schule geholt hat, „um Integration, Identität, Dazugehören, Toleranz und Neuanfangen“.  Da könne sich jeder von uns wiederfinden.

Viele Regeln, viele Fragen

In der nächsten Stunde wird ein Stück über Integration in ein neues Land gespielt. Alle schauen gespannt auf die Bühne. Was gibt es dort zu entdecken? Wenig Bühnenbild, viele Requisiten. Links eine Wäscheleine, von der Hauptdarstellerin Liora Hilb verschiedene Gegenstände wie einen Schal, eine Mütze oder Schulhefte abnehmen kann. Rechts steht eine Schultafel, auf der später eine Videoeinspielung aus dem Internet zu sehen sein wird. Liora Hilb wird in dem Stück in viele Rollen schlüpfen: So spielt sie in Personalunion die Schülerin Malika, einen Lehrer mit festen Vorstellungen von richtig und falsch, deutsche Mitbürger, die sich an Regeln festhalten, eine Streberin und einen türkischen Jungen.

In der Hauptrolle gibt sie das Flüchtlingsmädchen Malika, das neu im Land, in der Stadt und in der Klasse ist. Woher Malika kommt, wird nicht gesagt. Auf jeden Fall aus einem fremden Land. Sie möchte gut ankommen, Freunde finden und  beliebt sein. Aber es gibt so vieles, was man falsch machen kann, wenn man die hier herrschenden Regeln und Verhaltensweisen noch nicht kennt.

Dieser Umstand wirft eine Menge Fragen auf: Welches Heft nimmt man für welches Fach? Wie redet man miteinander? Welche Brote soll sie sich wie schmieren? Es gibt so viel zu lernen, und es ist schwer, Freundschaften mit Gleichaltrigen zu schließen und anerkannt zu werden.

Gemeinsam besser

Hilfe findet das offensichtlich allein lebende Mädchen im Internet. Dort gibt es unter der Adresse „lillyslearninglabor“ eine Art Wegweiser für deutsche Eigenarten. Auf dem Computerbildschirm erscheint die „Influenzerin“ Lilly (gespielt von Liora Hilbs Tochter Stella), ein junges Mädchen, das auf Malikas unzählige Fragen immer eine Antwort weiß und auch eigene Fehler zugeben kann. Stella Hilb spielt leicht und locker, ihre lustigen Verrenkungen machen den jungen Zuschauern sichtlich Spaß.

Im Laufe des unterhaltsamen Lehrstückes wird Malika mit Lillys Hilfe zunehmend selbstbewusster. Am Ende hat sie nicht nur verstanden, wie ihr neues Leben funktioniert, sondern auch ihr Schwimmabzeichen in der Tasche. Mit dem Sprung ins kalte Wasser hat sie sich freigeschwommen. Und erkannt, dass Regeln zu beachten und Respekt füreinander wichtig sind, wenn man Neuland betreten muss. 

Botschaft kommt an

„Schule ist viel mehr als ein Ort des Lernens – Sozialisation, gutes Miteinander, gemeinsam Lachen, Nachdenken. All das bedeutet Schule heute mehr denn je“, gibt Kathrin Hein zu bedenken. Dieses Stück sei zum Mitnehmen und Nachdenken, erklärt sie ihre Wahl des Theaters. Und Theaterleiterin Hilb ergänzt: „Hier in der WGS kann Schule für das Thema Integration sensibilisieren.“ Und letztlich handele es sich ja um ein Thema, das alle Schülerinnen und Schüler angeht, denn jeder von ihnen habe in der 5. Klasse in einer neuen Schule Neuland betreten. Jeder von ihnen musste dort erst einmal ankommen, sich orientieren und seinen Platz behaupten. Empathie für die Probleme der Hauptfigur könne auch gegen Mobbing helfen, berichtet Hilb aus ihrer Erfahrung. 

Die Aussagen der jungen Theaterbesucher bestätigen dies in der Diskussionsrunde nach dem Stück: „Wir kennen Malikas Probleme“, sagen zwei Freundinnen, und ein Junge freut sich darüber, dass Malika geholfen wurde. Die kleine Lynn aus der G5c ergänzt zusammenfassend: „Mir hat das Stück sehr gut gefallen, und es war auch sehr aufwändig gemacht.“

Viel Mitgefühl für die Leiden der jungen Malika und Freude über ihre Erfolge nehmen die Schülerinnen und Schüler aus der Theaterwelt in ihre eigene mit. Dort wird sich zeigen, wie die Botschaft des Stücks angekommen ist.          Alexander van de Loo