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DAS passiert in Kriftel

Schulkindbetreuung bald Kreissache?

Übernimmt der Kreis 2022 die Schulkindbetreuung?

Geht die Trägerschaft der Schulkinderbetreuung an der Lindenschule auf den Main-Taunus-Kreis über? In den Ausschüssen berichtete Bürgermeister Christian Seitz vergangene Woche über die Verhandlungen mit dem Kreis. Ein Vorschlag zur Beschlussfassung soll möglichst in der nächsten Ausschussrunde vorgelegt werden.

Hintergrund: Die Gemeinde Kriftel ist Träger der Schulkinderbetreuung an der Lindenschule. Derzeit werden 303 Kinder in der Kita Lichtblick betreut. Im Jahr 2017 hatte Landrat Michael Cyriax angekündigt, dass der Main-Taunus-Kreis (MTK) das Ziel verfolgt, die Schulkinder-Betreuungsangebote im Kreisgebiet unter der Trägerschaft des MTK zu bündeln. Anfang 2018 hatte dann die Fraktion der Grünen in der Gemeindevertretung beantrag, dass der Gemeindevorstand die Rand- und Rahmenbedingungen für eine Trägerübernahme seitens des Kreises prüfen und über das Ergebnis berichten soll.

Zwischen dem MTK und der Gemeinde Kriftel fanden verschiedene Gespräche statt, um das weitere Vorgehen zu erörtern sowie die Rahmenbedingung für einen möglichen Wechsel der Trägerschaft über die Schulkindbetreuung in Kriftel zu besprechen. „Da die Kita Lichtblick eine der größten Kinderbetreuungseinrichtungen im MTK ist und der Kreis zwar sein eigenes Betreuungskonzept erarbeitet hat, aber auch immer bemüht war, die lokalen Besonderheiten zu berücksichtigen, waren die Gespräche sehr komplex“, so der Bürgermeister.

Seitz: Eine gute Schulkindbetreuung ist uns wichtig

„Die Betreuung der Kinder an der Lindenschule ist ein sehr wichtiges sozialpolitisches Thema für die Gemeinde Kriftel. Die Gemeinde hat sich hier bereits sehr früh engagiert, in einer Zeit, in der in anderen Städten und Gemeinden ein solches Angebot noch nicht bestanden hat“, betonte Bürgermeister Seitz. „Als der Kreis Anfang der 2000er Jahre mit einem Anreizsystem versucht hat, die Städte und Gemeinden zu motivieren, Trägerschaften der Schulkinderbetreuung zu übernehmen beziehungsweise ein solches Angebot aufzubauen, konnte die Gemeinde Kriftel bereits eine langjährige Erfahrung im Betrieb der eigenen Einrichtung vorweisen. Über die Jahre wurde das Angebot immer weiter ausgebaut und auch die Verzahnung mit der Lindenschule angestrebt. Im Sinne dieser Fortentwicklung können wir jetzt den nächsten Schritt gehen.“ Wegen der Bedeutung dieser Entscheidung sollte zunächst mit dieser Drucksache informiert werden, um dann in einer weiteren Sitzungsrunde eine Entscheidung herbei zu führen.

MTK bietet fachliche und finanzielle Unterstützung

Das Rahmenkonzept des Kreises für die Grundschulen für den Ganztag und die Schulkinderbetreuung wurde den Städten und Gemeinden des Main-Taunus-Kreises am 30. Januar 2020 offiziell vorgestellt. Danach sollen die Schulen und die Kommunen neben der fachlichen Beratung finanziell vom Main-Taunus-Kreis unterstützt werden, um eine bedarfsgerechte und beitragsfreie Betreuung bis 14 Uhr an den Grundschulen zu erreichen. Dieses Ziel nur dann erreicht werden, wenn die jeweilige Schule sich dem Landesprogramm „Pakt für den Nachmittag“ anschließt und Ganztagsklassen anbietet.

Aktuell befinden sich von den Schulkindbetreuungen der 37 Grundschulen im Kreisgebiet 13 in der Trägerschaft des Main-Taunus-Kreises. In 2021 werden an weiteren fünf Grundschulen die Schulkindbetreuungen in die Trägerschaft des Kreises übergehen und drei bis vier weitere sind für 2022 eingeplant. Von den 37 Grundschulen sind mittlerweile neun Schulen im Landesprogramm „Pakt für den Nachmittag“. Die Lindenschule in Kriftel ist seit dem Schuljahr 2016/2017 eine sogenannte Paktschule. Seitz: „Das ist auch dem jahrelangen gemeinsamen Bemühen von Schule und Gemeinde Kriftel zu verdanken, das Betreuungsangebot soweit wie möglich mit dem Schulbetrieb zu verzahnen. Dieser Prozess machte in den vergangenen Jahren immer wieder Konzeptionsveränderungen vor allem bei der Kita Lichtblick erforderlich, die das Team mit großer Bereitschaft und Engagement umgesetzt hat.“

Gemeinde soll bei Personalkosten Ausgleich zahlen

Derzeit sind im Bereich der Schulkinderbetreuung insgesamt 26 Betreuungskräfte bei der Gemeinde Kriftel beschäftigt, darunter sind zehn Fachkräfte eingesetzt. „Bei einer möglichen Übernahme der Trägerschaft durch den Main-Taunus-Kreis bietet der Kreis an, in Abweichung zu seinem Vergütungskonzept die Beschäftigten der Gemeinde vollumfänglich zu umbernehmen. Auch die Arbeitsverträge könnten unberührt bleiben“, heißt es in der Vorlage für die Ausschussmitglieder. Die Beibehaltung der Eingruppierung sei jedoch an die Bedingung geknüpft, dass die Gemeinde eine Ausgleichszahlung leiste. Durch diese Ausgleichszahlung seitens der Gemeinde Kriftel könne erreicht werden, dass alle Betreuungskräfte ihr bisheriges Entgelt behalten.

Bei Veränderungen am Personalbestand könnte mit dem Kreis vereinbart werden, dass beim Ausscheiden einer Fachkraft zur Beibehaltung der Qualität versucht wird, Fachkräfte wieder durch Fachkräfte zu ersetzen. „In diesem Fall würde dann die Gemeinde auch bei personellen Veränderungen verpflichtet bleiben, Ausgleichszahlungen zu leisten“, gibt Seitz zu bedenken. In den Ausschüssen votierten die Mitglieder jetzt einstimmig für den Erhalt des Qualitätsstandards.

Kosten: Defizit immer mehr angestiegen

Mit der Ausweitung des Betreuungsangebotes, aber auch durch tarifliche Entwicklungen sei das Defizit im Bereich der Schulkinderbetreuung in den letzten Jahren immer mehr angestiegen. Trotz der Entscheidung der Gemeindevertretung vor einigen Jahren, die Gebühren so zu kalkulieren, dass sie 70 Prozent der Kosten abdecken, werde im Jahr 2021 eine Unterdeckung von fast 500.000 Euro in diesem Bereich entstehen. Auch in der Zukunft werden die Kosten für die Schulkinderbetreuung weiter ansteigen.

Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Schulkinder auf den Weg gebracht. Danach sollen ab August 2026 zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. In der Lindenschule werden über 400 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Neben der „für die Gemeinde organisatorisch und räumlich kaum zu bewältigenden Aufgabe“, so heißt es in der Vorlage, würde sich bei einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab 2025 das Defizit um mindestens 150.000 Euro pro Jahr erhöhen.

Neben dieser Kostenentwicklung werden voraussichtlich weitere zusätzliche Belastungen auf die Gemeinde zukommen: Nach einem Beschluss des Kreisausschusses des Main-Taunus-Kreises sind für die Nutzung von Räumlichkeiten des Kreises durch Dritte (Städte und Gemeinden und freie Träger) Mietzahlungen an den Kreis in Höhe von 15 Euro pro Quadratmeter zu leisten.

Laut einem Beschluss des Kreisausschusses vom 1. Oktober 2020 entfällt der Zuschussbedarf der Gemeinde bei einem möglichen Wechsel der Trägerschaft nach dem ersten Jahr in Trägerschaft des Kreises grundsätzlich vollständig. Ausgleichszahlungen sind dann nur noch für von der Gemeinde gewünschte höhere Standards zu leisten (Personalbemessung und Vergütung). Im ersten Jahr müssen noch anteilige Zuschusszahlungen an den Kreis geleistet werden.

Defizit im Jahr 2022: 444.000 Euro

„Im konkreten Fall der Gemeinde Kriftel ist derzeit für das Jahr 2022 mit einem Defizit von 444.000 Euro zu rechnen. Sollte die Gemeinde bei gleichbleibender Qualität und Fortbeschäftigung aller Führungs- und Fachkräfte die Trägerschaft im Sommer 2022 dem Main-Taunus-Kreis übertragen, würde sich erstmals 2023 der Zuschuss der Gemeinde Kriftel um rund 172.000 Euro verringern. Im zweiten Jahr, also 2024, würde der Zuschussbetrag der Gemeinde grundsätzlich auf null Euro sinken – für den in Kriftel höheren Betreuungsstandard würde die Gemeinde aber an den Kreis etwa 100.000 Euro an Ausgleichzahlungen leisten“, erläutert der Bürgermeister. Bei einer Übernahme der Trägerschaft durch den Main-Taunus-Kreis sei somit langfristig mit einer Reduzierung des Aufwandes der Gemeinde Kriftel für die Schulkinderbetreuung in Höhe von 300.000 bis 500.000 Euro pro Jahr zu rechnen.

Gebühren für die Eltern bleiben gleich

Mit einem Trägerwechsel würde sich auch die Gebührenstruktur verändern. Die Gebührenstruktur des Kreises biete den Eltern sogar durchaus flexiblere Auswahlmöglichkeiten und sei, auf eine Fünf-Tage Woche gerechnet, im längsten Modul sogar etwas günstiger, so Seitz. Bei den Verpflegungskosten würden sich keine Veränderungen ergeben. Auch nicht bei der Wahl des Caterers. „Eines der Kernziele des Kreises ist die Beitragsfreiheit bis 14 Uhr“, so Seitz. Erforderlich sei dafür jedoch, dass die Schule alle Klassenzüge auf ein Ganztagsangebot bis 14 Uhr im Rahmen des Paktes für den Nachmittag umstellt. Derzeit sind das in der Lindenschule nur zwei Klassenzüge.

Ein sehr wichtiger Bestandteil der Schulkinderbetreuung ist auch die Ferienbetreuung. „Diese ist in Kriftel sehr umfangreich und stellt eine wesentliche Ergänzung zu den Krifteler Ferienspielen dar. Mit Anmeldung bei der Kita Lichtblick kann jedes Kind an der Ferienbetreuung teilnehmen“, so Seitz. Doch auch bei einem Trägerwechsel soll der Umfang der Ferienbetreuung gleichbleiben. Allerdings müsse beim Kreis die Ferienbetreuung gesondert gebucht werden und eine gesonderte Gebühr falle an.

Seitz: „Auch die Gemeinde Kriftel hatte für das kommende Jahr geplant, dieses System des Kreises zu übernehmen, weil damit auf der einen Seite diejenigen Familien entlastet werden, die das Ferienangebot nur in geringem Maße nutzen. Außerdem kann der Personaleinsatz viel effizienter gesteuert werden.“

Elternbeirat ist vor allem die Qualität der Betreuung wichtig

Der Elternbeirat der Kita Lichtblick hatte sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Thematik eines möglichen Trägerwechsels beschäftigt. „Es ist auch wichtig, dass bei einem solchen Prozess alle Beteiligten entsprechend mitgenommen und informiert werden.“ Dem Elternbeirat sind insbesondere die Beibehaltung der guten Qualität der Betreuung sowie die Übernahme des bestehenden pädagogischen Personals der Gemeinde bei Übernahme durch den MTK wichtig. Weiterhin seien für den Elternbeirat die Beibehaltung der derzeitigen Betreuungszeiten bis 17 Uhr, die Abdeckung der Ferienzeiten durch Betreuungsangebote und ein abwechslungsreiches Ferienprogramm unverzichtbar.

„Die Eltern sind der Meinung, dass es weiterhin eine pädagogische Leitung für den Betreuungsbereich geben muss, die im engen Austausch mit den Eltern und den Lehrern auf Augenhöhe steht. Der Gemeindevorstand hat die Fragen und Anregungen der Eltern bei den Verhandlungen und Gesprächen mit dem Main-Taunus-Kreis mit eingebracht. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die wichtigsten Punkte bei einem Trägerwechsel auf den Main-Taunus-Kreis umgesetzt und sichergestellt werden können.“

Fazit: Bündelung beim Kreis sinnvoll

Über die Jahre wurde das Angebot der Schulkindbetreuung immer weiter ausgebaut und auch die Verzahnung mit der Lindenschule angestrebt. Diese Verzahnung habe durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten aber Grenzen. Deshalb sei es in Bezug auf die Weiterentwicklung der Schule und mit Blick auf den anstehenden Rechtsanspruch auf Schulkinderbetreuung sicher sinnvoll, die Angebote der Schulkindbetreuung wieder beim Main-Taunus-Kreis zu bündeln.

„Die nun vorliegenden Rand- und Rahmenbedingungen erfüllen die Erwartungen des Gemeindevorstandes und berücksichtigen auch die Forderungen der Eltern. Insofern kann aus Sicht des Gemeindevorstandes der Gemeindevertretung vorgeschlagen werden, die Trägerschaft auf den Main-Taunus-Kreis zu übertragen“, heißt es in der Drucksache.

Nach der inhaltlichen Beratung und entsprechender Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung werde der Gemeindevorstand mit dem Main-Taunus-Kreis eine Verwaltungsvereinbarung erarbeiten und der Gemeindevertretung zu Genehmigung vorlegen. Nach dem derzeit mit dem Kreis angedachten Zeitplan könnte die Trägerschaft dann für das Schuljahr 2022/2023 im Sommer 2022 auf den Main-Taunus-Kreis übergehen.

Ausschüsse befürworten Trägerwechsel

Die Drucksache des Gemeindevorstandes ist sowohl im Sozial- als auch im Haupt- und Finanzausschuss einstimmig angenommen worden. Beide Ausschüsse empfehlen der Gemeindevertretung, den Trägerwechsel anzustreben und begrüßen die Herangehensweise des Gemeindevorstandes, den hohen Betreuungsstandard auch nach Übertragung der Trägerschaft auf den Kreis beizubehalten.