Zeitung auf Schreibtisch - Aktuelles

Immer informiert

DAS passiert in Kriftel

50 Jahre WGS: kein Fest, ein Festival

Kein Fest, ein Festival: 3000 Gäste feierten mit

von Alexander van de Loo Die Weingartenschule feierte stolz ein großes Jubiläum und zeigte, dass sie mehr als ein Lernort ist: nämlich ein Stück Krifteler Heimat, voller Erinnerungen, Geschichten und Menschen, die sie lebendig machen. Sogar der Regen zeigte Respekt.

Was war nochmal 1975? Der Vietnamkrieg hörte auf, die Franco-Diktatur in Spanien ging zu Ende und Deutschland senkte das Volljährigkeitsalter auf 18 Jahre. In den Kinos erschreckte „Der weiße Hai“ die Besucher, Queen veröffentlichte mit Bohemian Rhapsody das erste Musikvideo überhaupt – und in Kriftel wurde die Weingartenschule eröffnet. „Das wird kein Fest“, prophezeite Schulleiter Dr. Christoph Richter, „das wird ein Festival!“

Ein Schulhof voller Leben

Voller Schulhof.
Festivalstimmung auf dem Schulhof. Alle Fotos: vdLoo

Die Schulleitung, das Kollegium und alle Schülerinnen und Schüler hatten sich richtig was einfallen lassen. 45 Klassen waren beteiligt und hatten mit ihren Klassenlehrerinnen und -lehrern ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt: Mitmachstationen, Wasserspiele, Sportaktionen, eine Tombola mit attraktiven Preisen, Zielscheibenschießen, Entenangeln – für jeden war etwas dabei. Foodtrucks sorgten für das leibliche Wohl, dazu boten Schülergruppen selbstgemachte Köstlichkeiten an. Schon bald kam echte Festivalstimmung auf. Bei 3000 Besuchern war fast ganz Kriftel auf den Beinen. 50 Jahre Schule, da kommt so einiges an Erinnerungen zusammen.

Von weitem grüßte schon der Container für „artgerechte Bierhaltung“. Noch mehr in sich hatte es allerdings der Apfelwein vom Obsthof Henrich. Die Brüder mit ihren mittlerweile weltberühmten Spirituosen waren selbst Schüler an der Weingartenschule. Genau wie Hasan, der in den neunziger Jahren den Gymnasialzweig besuchte. Voll guter Erinnerungen tauschte er sich mit seinem ehemaligen Lehrer Reinhard Schleuning aus. Anders als heute sei der Schulhof früher der Freizeitmittelpunkt vieler Schüler gewesen. „Hier traf man sich. Gab eben keine sozialen Medien.“ Auch Soufiane, 22, war voll des Lobes für seine alte Schule: „Hier lernte ich Verantwortung zu übernehmen, wurde selbstbewusster!“ Eine Ex-Schülerin ergänzt: „Mit den Lehrern war Dialog, kein Monolog.“ Sie sei ernst genommen worden.

Ehemalige Lehrerinnen und Lehrer.
Auch ehemalige Lehrerinnen und Lehrer waren gekommen.

Viele ehemalige Lehrerinnen und Lehrer feierten mit. Wie die quirlige ehemalige Schulleiterin Elke Wetterau-Bein. Bestens gelaunt legte sie zur Musik der Bands ein kleines Tänzchen hin. “Ich denke gerne an meine Zeit an der WGS zurück“, betonte sie. Hier würde das Miteinander gefeiert und nicht das Gegeneinander. Das sei heutzutage viel wert. 

Erinnerungen und Begegnungen

Der aktuelle Schulleiter Doktor Christoph Richter zeigt sich in seiner Ansprache überwältigt. „Ich schaue in die Runde und kann’s nicht glauben. So viele sind da!“ Er habe Vielen dafür zu danken, dass er hier stehe. Zuallererst seiner Mutter Anne Richter, ehemalige Lehrerin an der WGS. Er rufe allen und vor allem den vielen Ehemaligen ein kräftiges „Willkommen zurück an der WGS“ zu. Richter vergaß auch nicht, die Verdienste des langjährigen Schulleiters Johann Georg Schröder zu erwähnen (bis 2001). Ihm verdanke die Schule viel.

Ein paar prominente Abgänger der Weingartenschule wurden auch genannt. Darunter Kriftels Bürgermeister Christian Seitz und der Staatsminister a.D. Axel Wintermeyer. Auf die nächsten 50 Jahre lautete sein Gruß aus dem zugeschalteten Video. Vjeka Adam vom Staatlichen Schulamt kam auf den promovierten Biochemiker Christoph Richter zu sprechen. Er brenne nicht nur im Chemieraum, sondern auch für seine Schule. Schuldezernent Axel Fink zeigte sich froh über die große Professionalität in Schulleitung und im Kollegium. Schüler Levi Fröhlich hatte die Moderation in bewährter Manier übernommen. Und wurde dafür als „Thomas Gottschalk der WGS“ von Schulleiter Dr. Richter gelobt.

Launige Anekdoten

Wie die Schuljahre der prominenten Schüler waren, erfuhr man dann auch bei der Podiumsdiskussion. Axel Wintermeyer, Christoph Richter, Christian Seitz und Kriftels Karnevalspräsident Pasquale Fiore kamen dort ins Erzählen. Sie alle waren Schüler der Weingartenschule. Das schönste Erlebnis? Er habe zur Abschlussfeier Chopin spielen müssen, erinnert sich der damalige Schulsprecher Wintermeyer, ein Schüler der ersten Stunde. „Am schönsten waren die Pausen beim Rossert-Imbiss“, findet Seitz und lacht. Da ging ein zustimmendes Raunen durch die Menge. Von Fiore erfuhr man, dass er das Tragen von Walkmans in der Schule einst salonfähig machte.

Schulleiter Dr. Richter an der Gitarre.
Schulleiter Dr. Christoph Richter und Pasquale Fiore gaben ein Ständchen.

Auf Nachfrage des Moderators sprudeln noch einige Anekdoten mehr. So habe Dr. Richter einst eine Note 6 bekommen, weil er im Aufsatz alle Satzzeichen vergessen hatte. „Das ärgert mich heute noch“, lachte er. Fiore habe im Chemie-Unterricht „aus rein wissenschaftlichem Interesse“ Schnaps gebrannt, und Seitz wurde mal aus dem Schulbus geworfen. Nach Spickzetteln wurde auch gefragt. Wie Axel Wintermeyer anmerkte: „Allein das Aufschreiben hatte einen Lerneffekt.“ Man schwelgte in launigen Erinnerungen, die Zuhörerinnen und Zuhörer lauschten amüsiert. Nach all den Diskussionen wurde gesungen. Christoph Richter griff sich spontan die Gitarre, Pasquale Fiore sang dazu „Knockin‘ on heavens door“ von Bob Dylan. Ob damit der Eingang in die WGS gemeint war, bleibt der Fantasie überlassen.

Höchste Töne

Danach war weiter Musik Trumpf: Für den Auftakt sorgte die aktuelle Schulband mit der aus The Voice Kids bekannten Schülerin Miray Hank und aktuellen Hits. Den größten Applaus heimste der jüngste Künstler am Klavier ein: Kai Christoulakis aus der G6c. Zum Schluss singen alle zusammen. Das gut aufgelegte Duo Giovanni und Mandy folgte – zwei ehemalige Schüler der WGS, die sich im damaligen Chor kennenlernten. Die Band mit dem passenden Namen „Déjà-Vu“ nimmt anschließend die Zuhörer mit auf eine musikalische Zeitreise.

Auch Vertreter anderer Schulen feierten mit und lobten Schule und Fest in den höchsten Tönen. „50 Jahre WGS? Das ist schon was“, so Sabine Buse-Stefan, Schulleiterin der Main-Taunus-Schule in Hofheim. „Wir sind auf Augenhöhe unterwegs und nehmen gerne Schüler von der WGS“, betonte die Schulleiterin. Das habe immer gut geklappt. Auch Stefan Haid, Direktor der Kelkheimer Eichendorffschule, war von dem Jubiläum angetan: “Wenn die ganze Schulgemeinde zusammen mit vielen Alumnis über viele Stunden auf dem ganzen Schulgelände feiern, das nenne ich mal eine gelungene Geburtstagsparty.“

Wertschätzung, Ausblick – und eine Zeitkapsel 

Fragt sich nur, was bleibt? Zum Beispiel eine Metallröhre, die der Schulleiter unter Beifall vor der Sporthalle vergrub. Darin 300 gesammelte Aussagen über die WGS, eine aktuelle Tageszeitung und die letzte Ausgabe der Schulzeitung „Weinblättchen“. „Eine Zeitkapsel für die Ewigkeit“, nannte es Dr. Richter. Zu weit vorgerückter Stunde heizte „Déjà-Vu“ die ausgelassen Feiernden mit Rockmusik aus den Siebzigerjahren an. Das letzte Lied hieß „Purple Rain“. Dass es erst, nachdem die letzten Akkorde dieses Prince-Klassikers verhallt waren, zu regnen begann, hatte etwas Magisches.

„A kind of magic“ bleibe von dem Fest auf jeden Fall, war sich Schulleiter Dr. Richter am nächsten Tag sicher: „Das war mehr als eine Jubiläumsfeier – eben ein großes Dankeschön an all die Generationen, die diese Schule geprägt haben.“ Alexander van de Loo